WM Allgemein Thread

    Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

    • Nicht der Fußball ist schlecht, sondern das Fernsehen, das ihn zeigt

      Über die Qualität dieser WM hat man - vor allem während der ersten Woche - zahlreiche Klagen gehört. Diese verraten aber weniger über den Fußball als über die mangelnde Urteilsfähigkeit der Journalisten.

      ARD-Kommentator Tom Bartels etwa sprach während der zweiten Halbzeit des Spiels der Niederlande gegen Japan rund zehn bis 15 Minuten am Stück davon, wie enttäuschend das Spiel der Holländer sei - während sich diese gerade mit dem zweiten Zu-null-Sieg in Folge fürs Achtelfinale qualifizierten. Moderator Reinhold Beckmann griff diesen Tonfall nach dem Spiel sofort auf - bis ihn Studiogast Mehmet Scholl zu Recht darauf hinwies, dass die Elftal das Match komplett unter Kontrolle hatte und einfach effizient spielte.

      Nicht alle Experten geben derart die Stimme der Vernunft wie Scholl. Nachdem ZDF-Mann Bela Rethy die Brasilianer nach der ersten Halbzeit des Spiels gegen Nordkorea als "Weltmeister der Bewegungslosigkeit" verunglimpft hatte, beschränkte Oliver Kahn seine Halbzeitanalyse auf die einzige These, die Brasilianer seien wegen der Kälte zu lauffaul. Als der Rekordweltmeister am Ende dann doch gewonnen hatte, mutmaßte Kahn, Dunga habe seinen Spielern zur Pause erklärt, dass man laufen müsse, um Spiele zu gewinnen.

      Ich habe diese beiden Beispiele gewählt, weil sie sich auf die beiden ersten Teams beziehen, die bereits das Achtelfinale erreicht haben, und die bisher einige Qualitäten erkennen ließen, die ein Weltmeister braucht. Warum also sprechen die Medien über sie, als seien es ungenügende Fußballer? Einige Thesen:

      1) Es gibt falsche Vorstellungen davon, was eine WM ist

      Jose Mourinho hat vor Kurzem noch einmal eine These bestätigt, die Arsène Wenger schon vor Jahren aufgestellt hat: Der beste Fußball der Welt wird heutzutage in der Champions League gespielt, zumindest in den KO-Runden. Angesichts des globalen Spielermarkts, auf dem sich die Topclubs bedienen können, ist die Leistungsdichte bei Inter, Barcelona, Chelsea oder dem FC Bayern viel höher als in jedem Nationalteam - zumal die Clubs über die Saison hinweg eingespielt sind. Weltmeisterschaften sind schon lange nicht mehr das Nonplusultra des Fußballs.

      2) Es gibt falsche Vorstellungen davon, was Fußball ist
      Das deutsche Auftaktspiel gegen Australien mit seinem begeisternden Kombinationsfußball hat die Maßstäbe hierzulande noch weiter verschoben. Auf einmal galten alle Spiele, in denen sich die Großchancen nicht im Minutentakt aneinanderreihten, als minderwertig. Dabei sind neunzig Prozent aller Fußballspiele einfach nicht so. Nicht bei der WM, nicht in der Bundesliga, und auch nicht in irgendeiner anderen Liga. Solche Spiele entstehen, wenn es einen großen Leistungsunterschied zwischen beiden Teams gibt, wie bei Deutschland - Australien, bei Bayern - Hannover oder bei Barcelona gegen Real Valladolid. Oder, wenn beide Teams Fehler ohne Ende machen, wie bei Dänemark gegen Kamerun. Das sieht nett aus. Aber besseren Fußball sieht man bei Spielen wie Chelsea gegen Inter. Auch, wenn die nur 1:0 ausgehen.

      3) Es gibt drei verschiedene Maßstäbe für Mannschaften
      Grob gesagt teilt der durchschnittliche deutsche Fan, und offenbar auch viele deutsche Journalisten, die WM-Teilnehmer in drei Kategorien ein: Deutschland, die anderen großen Nationen und die Außenseiter. Deutschland soll immer gewinnen, egal wie. Die großen Nationen sollen möglichst immer verlieren oder aber herausragenden Fußball zeigen. Andernfalls erhalten sie wenig Respekt, ihre Siege gelten als glücklich und unverdient. Die Exoten wiederum werden eigentlich immer bejubelt, wenn sie keine Klatsche bekommen. So reichte es für Nordkorea aus, 60 Minuten mit neun Mann am eigenen Strafraum zu stehen, um für seine tolle Leistung gefeiert zu werden.

      4) Nationale Stereotypen überlagern jedes Urteil
      Bei vielen Spielen großer Fußballnationen wird auch eine ganz bestimmte Spielweise erwartet, oder das Urteil steht ohnehin schon vor dem Anpfiff fest. Bild.de fasste das Spiel Italien - Neuseeland unter der Überschrift "Elfmeter-Dusel für Italien" zusammen, obwohl das neuseeländische Tor irregulär gewesen war und die Italiener 15:0 Ecken, mehr als 70 Prozent Ballbesitz und etwa 25:3 Torschüsse gehabt hatten. Auch hier blieb es Mehmet Scholl vorbehalten, nach dem Spiel in der ARD immerhin darauf hinzuweisen, dass Italien zumindest nicht gerade die schlechtere Mannschaft gewesen war. Brasilien wiederum muss eigentlich "Samba-Fußball" zelebrieren, wenn nicht, dann enttäuscht diese Mannschaft sowieso, obwohl sie mutmaßlich die beste Defensive des Turniers stellt. Wenn ein Spieler Uruguays mit Rot vom Platz fliegt, dann, weil er ein "Uru" ist, die "sowieso immer treten". Wenn ein englischer Keeper einen Fehler macht, dann deshalb, "weil er ein Engländer ist", was jede Wetteransagerin im deutschen Fernsehen so wiedergeben könnte, weil sich in Deutschland trotz zweier durch Torwartfehler verlorenen WM-Finals (1986 und 2002) die feste Überzeugung hält, dass selbst Sascha Kirschstein besser sei als David James und der DFB "nie ein Torwartproblem" haben werde.

      5) Es gibt kein Verständnis von Taktik
      Es ist schon weit gekommen, wenn man Fußballerphrasen wie "Man spielt immer so gut, wie es der Gegner zulässt" schon als lobendes Beispiel anführen muss. Aber dieser Binsenweisheit wohnt immerhin die Erkenntnis inne, dass ein Spiel von zwei Teams bestritten wird, die mit unterschiedlichen Taktiken aufeinandertreffen. Gerade bei Weltmeisterschaftsvorrunden ist es oft so, dass die spielerisch schwächere Mannschaft ihren Gameplan sehr auf die Defensive verlegt, weil alles andere mit dem vorhandenen Kader nicht machbar wäre. Das ist dann nicht unbedingt ein Defizit des Fußballs, sondern vielleicht einfach eine realistische Einschätzung der Ausgangssituation. Man muss etwa im Fall Japans, das mit ultradefensiver Ausrichtung sowohl gegen Kamerun als auch gegen die Niederlande auflief, diese Taktik zumindest mal zur Kenntnis nehmen und auch als Grund dafür erkennen, dass der Gegner nicht so zaubern kann wie die DFB-Elf gegen die überforderten Australier. In den Analysen Kahns, Beckmanns oder von RTL-Formel-1-Mann Florian König ging es aber meist nur um das Versagen der Favoriten. Der Beitrag der jeweiligen Gegner wurde gerne ignoriert.

      Viele Trends dieser WM sind tatsächlich einfach gar nicht neu. Und die Gruppenspiele bei Weltturnieren sind schon seit Jahrzehnten nicht durchgängig begeisternd. Das, was wirklich neu und interessant ist, zum Beispiel die Stärke der Lateinamerikaner, wird in ARD, ZDF und RTL lieber ignoriert. Käme wohl auch bei den Fans der Live-Sendung in Dresden nicht so gut an, für die es ohnehin der Höhepunkt zu sein scheint, Interviews mit italienischen Nationalspielern niederzubuhen. Offenbar ist es einfacher, Fernsehen für diese Fans zu machen als für diejenigen, die diesen Sport in all seinen Facetten lieben. Fußball? Bei der WM im Fernsehen für viele eine Nebensache.


      sportal.de/sportal/generated/k…10/06/21/17017600000.html
    • Das gefühlt ständige Rumgejammere der Kommentatoren ist mir auch sehr negativ aufgefallen. Bela Rethy ist noch klar die angenehmste Wahl. Das journalistische Niveau ist durchweg fraglich, und eindeutig auf Unterhaltung ausgelegt, nicht etwa auf eine adäquate Analyse des sportlichen Wettkampfs.

      Jede Sekunde Mehmet Scholl ist da in der Tat ein Segen. Beckmann macht seine Sache noch ganz gut. Der weibliche Delling-Verschnitt an Kahn's Seite ist dagegen nicht zum auszuhalten, man sehnt sich Monica Lierhaus zurück. Jauch und Klopp finde ich ziemlich belanglos, die RTL-Rahmenbedingungen geben dem Duo aber auch kaum eine Chance.
    • Alles richtig, was da steht. Nur ist für mich persönlich Fußball eben auch irgendwo Unterhaltung. Von daher maul ich halt auch, wenn ein Spiel "taktisch geprägt" ist. Dass das moderner, guter Fußball ist, is mir auch klar. Nur bin ich da nicht Experte genug, um Mittelfeldgebolze von gutem taktischen Verhalten zu unterscheiden...;)

      DonFilippo schrieb:

      cn313 dallo hat immer recht

    • Rein südamerikanische Halbfinali sind zur Zeit auch ziemlich realistisch. Brasilien und Argentinien sind saustark, Uruguay und Paraguay haben eine relativ leichte Auslosung. Vor allem treffen die im Viertelfinale nicht aufeinander, falls Brasilien und Paraguay auch noch ihre Gruppen gewinnen und zusätzlich kommt noch Chile, die auch gute Chancen haben.
    • Na ja, kann mich nicht an jede Szene hundertprozentig erinnern, aber bei Argentiniens Tor gegen die Nigerianer habe ich kein Foul gesehen, und Juans Handspiel war für mich ebenfalls keineswegs Rot. Hier beides als klare Fehlentscheidungen deklariert. Die lächerliche rote Karte gegen Gourcuff fehlt dagegen völlig. Ich kann diese Liste nicht ernst nehmen.
    • Fehlen mir auf den ersten Blick 2 Fehlentscheide gegen Italien aber nebensache. Schon ne eindrücklich lange Liste aber während dem Spiel 100% schlimmer als hier so trocken analysiert.

      Für mich hätte Juan klar ne rote bekommen müssen, letzter Mann bewegung zum Ball.
      :forza_roma5: ALLE WEGE FÜHREN NACH AS ROMA :forza_roma5:
    • Eliseo schrieb:

      Na ja, kann mich nicht an jede Szene hundertprozentig erinnern, aber bei Argentiniens Tor gegen die Nigerianer habe ich kein Foul gesehen, und Juans Handspiel war für mich ebenfalls keineswegs Rot. Hier beides als klare Fehlentscheidungen deklariert. Die lächerliche rote Karte gegen Gourcuff fehlt dagegen völlig. Ich kann diese Liste nicht ernst nehmen.


      Nicht nur die Rote für Gourcuff, sondern auch das Foulspiel + Oberarm beim 1:0 von Südafrika.
      Das Foul von Samuel, das es Heinze ermöglicht hat so frei zum Kopfball zu kommen, fand ich auf jedenfall diskutabel. Ne klare Fehlentscheidung würd ichs allerdings nicht nennen.
      Der Elfer für die Urus gegen Südafrika + die Rote Karte ist auch vollkommen vertretbar für mich. Welcher Mensch hätte dort denn bitte das Abseits sehen können?
      Und die Tätlichkeit von Villa hätte der Schiri auch nur per Zufall sehen können, der kann seine Augen schlecht überall haben
      "When life gives you lemons just shut up and eat your damn lemons"