Europa League 2010/11 - Finale FC Porto - Sporting Braga

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    • Taktikschule aus dem Kinderzimmer

      Das Finale der Europa League ist auch ein Duell ähnlicher Trainertypen: André Villas-Boas und Domingos Paciência sind beide jung, erfolgreich und »made in Portugal«. Obendrein verbindet sie eine der kuriosesten Anekdoten der Trainerhistorie.

      Saison 1993/94. Werder Bremen erreicht als aktueller Deutscher Meister die Zwischenrunde der Champions-League. Gegner der Norddeutschen ist auch der portugiesische Vertreter FC Porto, der mit Sir Bobby Robson eine Trainerlegende auf seiner Bank präsentiert hat. Assistent und Übersetzer des Engländers: José Mourinho.

      Im November 1993 kommt es schließlich zum Aufeinandertreffen zwischen dem FC Porto und Werder Bremen. Zum Erstaunen vieler Kritiker ändert der erfahrene Trainer Robson vor der Partie völlig überraschend die taktische Ausrichtung der Mannschaft. Und: Er stellt einen vorher kaum eingesetzten Angreifer auf.

      »Warum um Himmels Willen spielt Domingos Paciência?« Die Presse ist ratlos. Portos 35.000 Anhänger skeptisch. Nur ein Stadion-Besucher ist es nicht: Ein 16-Jähriger im blau-weißen Trikot schmunzelt schelmisch und reibt sich die Hände, sein Plan nimmt langsam Formen an. Um das Verhalten des Teenagers zu verstehen, müssen wir die Geschehnisse im Vorfeld der Begegnung genauer betrachten.

      Sein Idol: Domingos Paciência

      Bobby Robson logiert während seines Aufenthaltes in einem mehrstöckigen Mietshaus der zweitgrößten Stadt Portugals. Das Gebäude wird außerdem von einem glühenden Porto-Anhänger bewohnt: Ein gewisser André Villas Boas. Dieser liebt den Fußball, seinen Verein und hat ein Idol: Portos Mittelstürmer Domingos Paciência. Außerdem ist der 16-Jährige bereits in jungen Jahren ein Taktik-Fuchs. Am heimischen Schreibtisch stapeln sich etliche Skizzen zu Spielanalysen, Laufwegen und diversen Mannschaftsaufstellungen. Jedoch kann Villas-Boas den 24-jährigen Angreifer Paciência nur selten auf dem Spielfeld bewundern, unter Trainer Robson kommt der Goalgetter kaum zum Zug. Da sich der eingefleischte Fan mit dieser Situation nicht abfinden will, bläst er zur Attacke und nutzt die Tatsache, dass der Verantwortliche gleichzeitig sein Nachbar ist. Vor der Partie gegen Bremen landet im Briefkasten des Engländers ein Brief. Absender: André Villas-Boas.

      Ein Brief für Nachbar Bobby

      »Mister, warum spielt eigentlich nicht Domingos Paciência?«, fragt der kecke Teenie. Und offenbart Robson sogleich diverse taktische Vorzüge seines fußballerischen Idols. Der Cheftrainer und sein Adjutant José Mourinho sind angetan: Könnte der vorlaute Bengel mit seiner Theorie recht haben? Gegen Werders hochgewachsene Verteidigung um Abwehrchef Rune Bratseth könnte der quirlige und nur 1.74 Meter große Paciência seine Stärken im Dribbling perfekt ausspielen. Beide analysieren den Vorschlag genau und entscheiden: Ja, wir versuchen es!
      Das Spiel ist sieben Minuten alt, als Oliver Reck an diesem Abend zum ersten Mal hinter sich greifen muss. Torschütze? Domingos José Paciência Oliveira. Die Begegnung endet 3:2 für Porto.

      Mit Anfang 30 Cheftrainer in Porto

      Bobby Robson war seinerzeit von Villas-Boas' Fähigkeiten so begeistert, dass er ihm direkt eine Praktikantenstelle im Verein anbot. Es sollte der Grundstein einer beeindruckenden Trainerkarriere werden. Unter José Mourinho reifte der Portugiese als Assistent bei Chelsea und Inter Mailand, ehe der heute 33-Jährige vor der Saison als Cheftrainer des FC Porto vorgestellt wurde. Er könnte mit einem Sieg gegen Sporting Braga nach dem Gewinn der Meisterschaft seinen bis dato größten Erfolg feiern und als jüngster Trainer in die Geschichte eingehen, der einen Europapokal gewinnen konnte.

      Allerdings: Sein Gegenüber hat etwas dagegen. Das einstige Idol, Domingos Paciência, ist heute Coach in Braga. Und auch der 42-Jährige würde in Dublin gerne als Außenseiter den ganz großen Coup landen: »Der FC Porto ist der große Favorit. Aber für viele hier in Braga ist es das Spiel des Lebens«, sagt Domingos Paciência. »Uns fehlt nur der allerletzte Schritt, um Geschichte zu schreiben.«


      11freunde.de
    • Ich wär ja generell dafür, einmal mit dieser Freunderlwirtschaft im Fußball-Business zu brechen. Villas-Boas und Mourinho sind nur zwei von einigen Beispielen, die zeigen, dass eine Profi-Karriere bis 40 absolut nicht nötig ist, um ein guter Trainer zu werden. Ist ja irgendwo auch logisch, dass ein Villas-Boas (ich nehm den jetzt mal stellvertretend für eine Trainerausbildung, wie ich sie mir für die Zukunft wünschen würde), der schon in seiner Jugend Hunderte von Spielen genaustens analysiert hat und dann ~15 Jahre lang bei einigen der besten Trainer der Welt seine Ausbildung genießt im Normalfall einen besseren Trainer abgibt als ein 40-jähriger Ex-Profi, der nicht weiß, was er in seiner Freizeit machen soll und sich deshalb im Trainergeschäft versucht. Wenn sich da ein Verband mal bereit erklärt, solche "Trainertalente" zu fördern und sie in der Zeit, wo die Profis eben Profis sind (also meist zwischen 20 und 30-40 Jahren), zu guten Trainern auszubilden, dann könnte sich dieser Verband - sofern einige der besten Leute, die er da hervorbringt ihre Laufbahn in seinem Land fortsetzen - vielleicht einen Riesenvorteil gegenüber anderen Verbänden erarbeiten. Da du nicht Unmengen an Trainern brauchst, sondern pro Jahrgang nur wirklich wenige Leute ausbildest, wär das von den Kosten her wohl auch recht leicht zu stemmen. Die Ausbildung von denen zieht man dann ähnlich der Ausbildung eines Profi-Fußballers auf (nur eben mit anderem Inhalt) und am Ende schaffen's sowieso (genauso wie im Profifußball) nur die Besten der Besten, wirklich Fuß in dem Geschäft zu fassen, die haben dann dafür aber auch wirklich was drauf.